Freitag, 25. November 2022
Die Begutachtung (Studie).
Eine Kafkaeske.

Der Mann hatte offenbar nicht das geringste Interesse daran, eine ernsthafte Begutachtung auch nur theoretisch in Erwägung zu ziehen. Er kam, zwanzig Minuten zu spät, nachdem man ihn zunächst telefonisch suchen und ersuchen musste, wirkte, als hätte er wesentlich lieber zuhause weiter Fußball geschaut, und sich nur für diesen einen, in seinen Augen widerlich lästigen Termin angezogen.
K. war zuvor vom Bahnhof aus den kurzen Weg zu dem mehrstöckigen, in schmutziges Betongrau getauchten Bürogebäude, in dem seine Begutachtung stattfinden sollte, zu Fuß gegangen. Er hatte geklingelt, und ein ahnungsloser Portier hatte ihm die Tür geöffnet. Anschließend war er mit dem Aufzug in den zweiten Stock gefahren, wo ihn lang gestreckte, dunkel-verlassene Flure empfingen, gesäumt von unzähligen Türen, neben denen Namensschilder davon erzählten, dass hier einmal Menschen Arbeit verrichtet hatten. Er suchte und fand, ganz am Ende eines Flurs, das Zimmer mit der Nummer 218, klopfte, und erhielt keine Antwort.
K. ließ etwas Zeit verstreichen, dann versuchte er es erneut.
Das Ergebnis blieb das gleiche, und so machte er sich wieder auf den Weg durch die verlassenen Flure, lauschte an Türen und stieß schließlich nach einiger Zeit auf Hinweise, die seiner Hoffnung auf menschliche Präsenz Nahrung zu geben schienen. Er klopfte, wurde hereingebeten, und sah sich drei distinguierten Herren gegenüber, welche sich, lässig über Stühle hingestreckt, bei Kaffee und Gebäck zu einem vorweihnachtlichen, gemütlich anmutenden Plausch zusammengefunden hatten.
Nur mühselig die Fassade jovialer Freundlichkeit wahrend nahm sich einer der distinguierten Herren seiner an, beorderte ihn auf einen Stuhl im menschenleeren Flur, hieß ihn warten, und nach einigen Telefongesprächen schließlich teilte man ihm mit, dass der Gutachter wohl bald käme.
K. beschloss, die restliche Wartezeit unmittelbar vor Zimmer 218 zuzubringen, dort angekommen machte er es sich, an eine Fensterbank gelehnt, bequem, und harrte der Dinge, die da kamen.
Eine Reinigungeskraft schleppte sich durch den Flur, um dem allgegenwärtigen Linoleumboden, über den sich, außer ihr selbst, so gut wie niemand jemals bewegte, zusätzlich noch einmal etwas mehr Glanz zu verleihen.
Als der Gutachter kam, schenkte K. ihm ein unverschämtes Lächeln.
"Sie haben einen Termin?", fragte der Gutachter. K. bejahte. "Dann warten Sie hier, ich rufe Sie in ein paar Minütchen rein!".
"Minütchen", dachte K., und setzte das Warten fort.

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Dienstag, 20. September 2022
Der Der Tod des Irrealen oder: die Masken des Absoluten (Philosophie).
SNEAK.

1. "Lebenswelt"

1.1. Der Begriff der "Lebenswelt" als notwendiger Bezugspunkt philosophisch-erkenntnistheoretischer, wie auch wissenschaftlicher Reflexion und Theoretisierung

Die Doktrin des "Common Sense"

(...)

1.1.1. Am Beispiel des "Intelligenzbegriffs"

Diese Vorstellung einer richtungsgebenden "Lebenswelt" zeigt Auswirkungen auf sämtliche Gebiete spekulativer Theoretisierung, also auch auf sämtliche Begriffe, die im Zuge spekulativer Theoretisierung gebildet werden, und geht bis hin zum klaren, zweifelsfreien Zugeständnis der begrifflichen Leere und der damit einhergehenden, klaren und eindeutigen Kommunikation von "Nicht-Wissen".
Am Beispiel des "Intelligenzbegriffs", seiner homerischen Irrfahrt außerhalb des verbindlichen Bezuges zur "Lebenswelt" und seiner dadurch Manifest gewordenen, rückwirkenden Verkörperungen in derselben: "Intelligenz" ist "Anpassung" an zwar changierende, immer aber schon vorgegebene Umstände, an die Welt, die Natur, die eigene Psyche und den eigenen Körper.
Sie ist KEIN Akt des Auswendiglernens an sich, wiewohl diese rein auf Gedächtnisleistung abzielende Methodik im Zuge der Anwendung von "Intelligenz" selbstverständlich eingesetzt werden kann, und muss.
Sie ist außerdem KEIN vollständig ersatzfähiges Äquivalent zum "Abstrakten Denken".
Ein hochgradig zu abstraktem Denken fähiger Mensch, kann dumm sein.
Sie ist "Anpassung" im Sinne von "Lebensbewältigung", Anpassung an immer neu wechselnde Umstände, an den immer währenden "Flow" aus sinnlicher Reizwahrnehmung und geistig-psychischer, neurologischer Verarbeitung. "Intelligenz" gebiert Strategien, Problemlösungen.
Sie sucht den Weg hinaus aus der unsicheren Höhle, hinein in eine funktionale Schutzbehausung. Sie passt sich an, um sodann augenblicklich damit zu beginnen, die neue Umgebung wiederum selbst zu verändern, sie persönlicher, kontrollierbarer, sicherer und händelbarer zu gestalten.
Das aber kann nur gelingen, wenn Wahrnehmung und Verarbeitung auf Realität beruhen.
Ein abstraktes Denken, das sich von der Realität der Lebenswelt entfernt und zum Zweck seiner selbst wird, ist inadäquat im Sinne des natürlichen Existenzgrundes.
"Intelligenz" ist das Leben im Aspekt seiner Bewältigung.

1.1.1.1. Das „Annahme-Problem“

Ist „Annahme“ eine unabdingbare Voraussetzung für „Anpassung“? Wäre - im Sinne einer positivistischen Sichtweise - sicher zu bejahen. Allerdings bliebe dann, und das wohl unauflöslich, die Frage danach, ob „Nicht-Annahme“, damit „VERWEIGERUNG“, letztlich nicht auch nur eine Form der „Annahme“ ist: „das abhängige Negativ“.
Diese Frage nach dem „abhängigen Negativ“ ist - zumindest auf der angeschlagenen Sprachebene - prinzipiell niemals zu klären.
Weil immer der „Beobachter“ im Spiel ist. Derjenige, der etwas denkt und schreibt, wenn man so will, und der notwendig IMMER die Wahl hat. Man kann da den unsterblichen Kurt Gödel und seinen Beweis der Unmöglichkeit eines vollständig geschlossenen, alles umfassenden Systems heranziehen, wenn man mag („Über formal unentscheidbare Sätze“ - 1931 - erster und zweiter gödelscher Unvollständigkeitssatz).
Was also bleibt zu tun?

(…)

1.1.2. Das "Irrelevante Nichts"

Der "Mesokosmos" der Evolutionären Erkenntnistheorie und die "Intellektuelle Redlichkeit" Friedrich Nietzsches

(...)

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Freitag, 19. August 2022
Studie:Die Kunst der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts - beides.
Da ich gerade Fritz Langs METROPOLIS (1927) sehe: eigentlich ist es schade, dass die Kunst und der besondere Ausdruck der neunzehnhundertzwanziger Jahre in Deutschland so abrupt vom Nationalsozialismus beendet wurden: filmisch, literarisch, gesellschaftlich ... extrem interessante Bildsprache.
ANDERERSEITS kann man aber auch sagen, dass der künstlerische Ausdruck, sogar der Ausdruck allgemein, während der Weimarer Republik, exakt DAS herausgefordert hat, was er am Ende dann schließlich auch bekommt. Feststellbar sind, vor allem, gewisse Zuspitzungen, eine Art nahezu verzweifelter Hysterie des Amüsements, stets in Verbindung mit dunkler, zerrissener, und in der Bildsprache schräg verlaufender Bedrohung. Dunkelheit Ahead! Tanz auf dem Vulkan!
Bewusst ignorante, aufgesetzte Ausgelassenheit, die den lichtlosen, erschröcklichen Untergrund bannen soll, ihn dadurch jedoch nur stärkt.
Eine große Zerrissenheit ist da zu spüren.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob man diese Zeit wirklich als Zeit des Aufbruchs, oder der ausbrechenden Lebenslust deuten kann (wie das ja im Allgemeinen so Usus ist). Es scheint sich mir da eher um die künstlerische und gesellschaftliche ILLUSION eines Auf- und Ausbruchs zu handeln.
Ein Fake, wenn man so will.
Natürlich kann man jetzt sagen, dass diese Sichtweise, diese Spur, eine Rückinterpretation ausgehend von dem Wissen um die weitere Entwicklung der deutschen Geschichte darstellt.
Leider werden wir nie herausfinden, was aus diesem interessanten künstlerischen und gesellschaftlichen Ausdruck geworden wäre, wenn er denn weiter sich hätte entwickeln dürfen.
Im Grunde ist das die Frage nach einer - wie auch immer begründeten - Folgerichtigkeit der Geschichte. Konstante Entwicklung oder eine Abfolge von Brüchen?
Und wie immer wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen: beides.

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Donnerstag, 18. August 2022
RM/OS.
Das OroborousSystem/OS ist - zumindest BV, von TD will ich noch gar nicht sprechen - ziemlich tricky im Denken. Und zwar wegen der doppelten Bezugsmöglichkeit auf das TARO/T, die rein im TARO/T selbst liegt, aber immer wieder Einfluss auf das Gesamtsystem gewinnt.
Das ist hartes Training, und wird schwieriger je nach Höhe der Ebene.

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