Dienstag, 29. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - XV./Die ewige Verweigerung.
Nein.
Und nochmals: Nein.
Die ewige Verweigerung.
So - wie es ist.
So - wie du bist.
Banal.
Schrecklich banal.
Hilflos ausgeliefert.

Deshalb die Verweigerung.
Die ewige Verweigerung.

Kann mich nicht bewegen.
Kann nicht sein.
Kann nicht sehen.
Kann nicht sein.
Nein.
Nein.
Gefangen in mir.
In dir.
Die ewige Verweigerung.
Des Herzens.

Sprich nicht.
Schweig.
Verrat.
Verrat überall.
In dir.
In mir.
Dazu die Angst.
Grausame, nackte Angst.
Sprich nicht.
Schweig.
Die ewige Verweigerung.
Des Herzens.

Nein.
Und nochmals: Nein!

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Samstag, 26. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - XIV./Weihnachten.
Feiern Nervenzellen Weihnachten? Oder Ratten? Feiern Ratten Weihnachten? Dort unten in ihren erdigen Höhlen? Feiern die da Weihnachten?

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Donnerstag, 24. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - XIII./The Old's Machine.
„Also, pass auf!“, sie machte sich bereit, keine Frage.
„Also, ich bin ja nun seit etwa zwei Wochen in diesem Altenheim beschäftigt. Das weißt du ja inzwischen, nicht wahr? Also, ich kann dir sagen, ohne mich würde in dem Laden überhaupt nichts funktionieren. Da kriegt absolut keiner irgendetwas auf die Reihe. Wahnsinn, sag‘ ich dir. Also gestern Morgen komme ich da rein und, ich sage dir, alles hat nach mir geschrien. Mach dies, mach das, komm hierher, komm dorther, komm zu mir, nein, komm zu uns, die Abteilungen haben sich um meine Anwesenheit gerissen. Echt.
Doch, doch, es macht mir einen Riesenspaß. Klar doch.
Jeden Mittag muss ich die Alten einfangen, um sie zum Essen zu bringen. Ich kann dir sagen, die laufen manchmal einfach so in eine Richtung, ohne zu wissen, wohin oder warum. Ich kann dir sagen, ganz schön stressig ist das manchmal. Na ja.
Es gefällt mir so gut, dass ich daran denke, später einmal, wenn ich meine Pflichtzeit abgearbeitet habe, freiwillig dort weiterzuarbeiten. Na ja, zumindest, wenn die mal keinen anderen haben, so aushilfsweise. Oder vielleicht so einmal in der Woche, wenn du verstehst, was ich meine.
Komm mich doch mal besuchen, was hältst du davon? Ja, ja, komm doch einfach vorbei, am besten morgens. Okay? Was sagst du?"
„Das kommt mir vor wie eine Maschine. Eine Maschine oder Fabrik für Alte.“, sage ich und stoße auf keine eingehende Reaktion.
„Schade“, denke ich und bekämpfe meine Triebe, die mich seit geraumer Zeit schon während des Vortrags der jungen Frau reichlich nervös gemacht hatten.

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Donnerstag, 17. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - XII./Save Our Souls.
Die gelben Horden aus dem Osten werden uns auffressen, werden uns zerfleischen. Ich kann es sehen, kann es fühlen im Inneren meiner Gedärme.
Siehst und fühlst du es auch?
Wie sie ihre geschärften Klingen in unser Fleisch bohren. Wie sie blutende Brocken aus unseren Körpern reißen. Grinsend. Feixend.
Die gelben Horden des Khans.
Sie werden uns vernichten.
Und wir werden nicht den Hauch einer Chance haben.
Zu wild, zu entschlossen ihr Ansturm.
SOS.
SOS.
Save Our Souls.
Save Our Souls.
Save Our Souls.

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Samstag, 12. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - XI./Verse aus dem Glashaus (Howl/Reprise).
Diesseits und jenseits. Jenseits des Diesseits. Hinter dem Licht. Auf der Treppe. Im Glashaus. Heißa, im Glashaus! Denn merke: „Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen.“
Zweiter Vers:
„Um Mitternacht, um Mitternacht, da geht des Weisen Geist hier um, er stiehlt, befiehlt, beherrscht, gehorcht, den Worten, die er sieht.“, sag‘ ich.
Sagst du: „Geh' nicht, geh' nicht, bleib hier.“

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Montag, 7. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - X./Operation Hausherr.
Ein kleiner Hinterhof. Eine angebaute Garage. Die Fußmatte zwischen Fensterscheibe und Fenstergitter eingesteckt. Das Fass fürs aufgefangene Regenwasser.
Last but not Least: der Hausherr.
Besitzer des Hauses.
Eigentümer.
Bartträger.
Fett.
Bebrillt und beschlappt.

Prost!

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Freitag, 4. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - IX./Die Natter.
„Komm! Komm mit mir, mein kleiner Freund. Ich zeige dir die Welt. Zeige dir das, wovon du immer geträumt hast. Vertraue mir, vertraue mir.“
Die dicke Schlange sprach in säuselndem Ton zu der kleinen Spielzeugfigur, die von ihrem Besitzer achtlos auf den Boden geworfen und dort vergessen worden war.
Nach kurzer Zeit erwachte der Spielzeugsoldat zum Leben und - er hörte und sah die Schlange, die einen Teil ihres Körpers über die Schreibtischkante zu ihm hinunter baumeln ließ, über sich.
„Ich kann nicht laufen, Schlange. Meine Beine sind ausschließlich zum Stehen an einem festen Ort gedacht. Ich kann dich also nicht begleiten, auch wenn ich es wollte. Siehst du?“, und der kleine Spielzeugsoldat zeigte unbeholfen auf das in Plastik gegossene Standplateau unter seinen Füßen.
„Aber, aber, kleiner Freund, das macht doch nichts. Ich, deine Freundin, die Schlange, bin bereit, dich zu tragen. Und zwar in meinem Schlund, wo es warm und weich und bequem sein wird während unserer Reise in die Welt. Was sagst du, kleiner Freund?“
„Nun, ich weiß nicht.“, der Spielzeugsoldat kratzte sich am Kopf, wobei sein turmartiger Hut leicht nach vorne und über seine Augen rutschte. „Schon immer wollte ich die Welt sehen. Die wunderbare, wunderbare Welt dort draußen hinter den Scheiben aus Glas. Die Welt der großen Menschen und Maschinen, denn seit ich denken kann bin ich hier gefangen. In diesem Zimmer den Launen meines Besitzers ausgeliefert, und du siehst ja selbst, wie achtlos er mich zuweilen behandelt.“
Die matt glänzende Schlange schüttelte den Kopf, langsam und träge, so als habe sie tiefstes Bedauern für den kleinen Soldaten übrig. Dabei schlug ihr die gespaltene Zunge züngelnd aus dem Schlund.
„Wem sagst du das, mein Freund. Auch ich bin hier gefangen, des Tags eine leblose Gummischlange, des Nachts jedoch ein lebendes Tier. Komm mit mir, mein Freund.“
Und die Schlange öffnete ihr weites Maul und senkte den Kopf bis hinab auf den Boden, so dass der kleine Soldat hineinkriechen konnte.

Keiner seiner Kameraden hat ihn je wiedergesehen, und nur von Zeit zu Zeit gedachten sie seiner, wenn - in ihren nachgespielten Kämpfen - ein Mann fehlte.

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Donnerstag, 3. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - VIII./Logik in den Hallen des Nichts.
„Ich lebe jetzt in den Hallen des Nichts, wo nichts ist und nichts zählt. Wo kein Morgen, kein Gestern die Leere füllt. Vor Zeiten befand ich mich im Wald der Echsen, wo jeder Schritt ein Ausweichen bedeutet, wo schnappende Mäuler danach trachten, dich zu verletzen.“
„Vorsicht! So rat' ich dir mein Freund. Vorsicht! Denn ist ein Anfang erst einmal getan, so bricht der Strom sich Bahn, unweigerlich in die eingeschlagene Richtung, und weiter und weiter bis hin zu jenem Punkt, an dem der Zusammenbruch erfolgen muss und wird, unweigerlich, unweigerlich.“
„Ach, alles ist stets sowohl als auch, ist immerdar beides zugleich.“
„Das hat mit Logik nichts zu tun, oder doch?“
„Logik lässt immer etwas aus, bezieht niemals alles mit ein. Unmöglich, unmöglich.“

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Mittwoch, 2. Oktober 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - VII/Der Mäusesheriff.
Als ich an diesem Tag nach Hause kam, da sah ich ihn mit einem Mal, wie er unseren Rasen mähte.
Der Mäusesheriff.
Sein gebückter Gang, seine versoffenen Gesichtszüge, sein strohiges Haar.
Der Mäusesheriff war da.

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Samstag, 7. September 2024
Short Cuts I/TOT/1997-1999 - VI/Why?
„Please-call-again-later! Please-call-again-later! Please...!“, verdammter Hund, verdammter. „Please-call-again-later! Please-call-again-later! Please...!“, sag mir, was du willst, mein Freund, belüge und betrüge mich, mein Freund.
Nein, hilf dir selbst, mein Freund, sei ein Mann, mein Freund, stirb, mein Freund, stirb.
„Please-call-again-later! Please-call-again-later! Please...“.

THE PERSON YOU ARE CALLING IS NOT AVAILABEL AT THE MOMENT?

PLEASE CALL AGAIN LATER?

WHY?

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