Samstag, 30. Juli 2022
Therapeut und therapeutische Situation.
Eine therapeutische Situation darf, vom Therapeuten her, nie aus einer Position der Überlegenheit heraus bestritten werden. Was sich als besonders schwierig zu bewerkstelligen erweist, wenn der Therapeut es mit einer ausgeprägten, sehr tiefen, und deshalb starken Minderwertigkeit zu tun hat, deren Trick und Problem ja essentiell gerade im Übertragen, Projizieren und Aufdrängen der strikt zu meidenden Überlegenheitssituation auf das Gegenüber besteht.
Ein Therapeut, der selbst - außerhalb der herkömmlichen Übertragungsprozesse in der therapeutischen Situation - eine Minderwertigkeit in sich nährt, ist, obwohl in der Praxis vorkommend, theoretisch vollkommen ausgeschlossen.

Größenwahn wäre wieder ein eigenes Thema.

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Freitag, 25. März 2022
Träume
- in der Psychoanalyse.

Der - vermeintliche - "Königsweg zum Unbewussten" (Freud).

Aber das klingt vielleicht auch schon zu negativ, denn im Prinzip ist das natürlich korrekt, Täume SIND (mit den Fehlhandlungen bzw. den offensichtlichen Verdrängungen) selbstverständlich der Königsweg zum Unbewussten, nur die Deutung ist, weil sie sich nicht objektivieren lässt und auch sonst keiner wissenschaftlichen Anforderung genügen will, grundsätzlich unsicher.
Die Interpretation von Trauminhalten KANN nur aus dem Subjektiven erfolgen.
Wenn Jung Träume analysiert, dann liefern die Träume jung'sche Symbole und Prozesse, ebenso im Falle Adler, bei Freud, bei Devereux...
Woran kann man sich also halten bei der Traumdeutung?

An das EIGENE Unbewusste!

Man darf sich also nicht nur fragen, was die Symbole, die man in der Interpretation verwendet, bedeuten, man muss sich auch fragen, aus welchem, womöglich persönlichen Grund man gerade DIESE SYMBOLIK zur Deutung herangezogen hat.

Ein feiner Unterschied.

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Da ist jetzt natürlich noch der ganz frische Einfluss von Devereux zu spüren, der in einer Therapeut-Patient-Situation/TPS ja sogar erst einmal noch die eigenen Assoziationen des Patienten abfragen würde, nur um so vollständig wie möglich den Einfluss seiner eigenen Person - vor allem in der kritischen Rolle des Analysierenden - aus dessen Träumen herauszufiltern.
Devereux's Traumdeutungen sind übrigens extrem sexuell bzw. geschlechtsspezifisch aufgeladen, ohne sich dabei allerdings zu sehr zu versteifen und andere Symboliken völlig außer Acht zu lassen. Devereux ist keinesfalls in solch hohem Maße von Dogmatismus geprägt, wie Freud es war. Er deutet flexibler, weitsichtiger (der Einfluss der Ethnologie, denke ich).
Trotzdem aber wimmelt es vor Vulva- und Phallussymbolik, Spalten, Gebärmutterhöhlen...
Er selbst hat einmal gesagt, dass seine Arbeit mit einem bestimmten Naturvolk, bei dem er längere Zeit gelebt hat, ihn zu Freud bekehrt hätte.
Nun gut, als reiner Freudianer geht er trotzdem nicht durch. Der ethnologische Einfluss, einerseits, rückt ihn viel zu sehr in archaische Gefilde, in denen er sich eher Jung annähert, ohne jedoch dessen Verherrlichung des Mythos zu teilen, andererseits ist sein Ansatz TATSÄCHLICH WISSENSCHAFTLICH, da wo Freud nur von Wissenschaftlichkeit geträumt und fabuliert hat. An einer anderen Stelle erwähnt er, dass er aus bestimmten Gründen als "klassischer Freudianer" bezeichnet worden ist, lässt diese Tatsache dann aber unkommentiert. Man weiß also nicht genau, wie er sich in dieser Hinsicht selbst einschätzte.
Eine tiefsitzende Faszination für Freud hat er auf jeden Fall gehegt.
Warum auch immer.

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Zurück zu den Träumen in der Psychoanalyse und der Einschätzung der Qualität ihrer Deutung mittels des eigenen Unbewussten.

Eine gute, intensive, tief gehende Traumdeutung, die auf der richtigen Spur ist, erkennt man, wenn man sie - vor allem in Fallbeispielen - studiert, immer auch an der UNMITTELBAR einsetzenden Wirkung auf die eigenen Träume.
Diesen interessanten Effekt hatte ich, soweit ich mich entsinne, bei Reich, bei Jung und habe ihn jetzt bei Devereux, während er bei Freud und Adler nur sehr schwach bzw. überhaupt nicht in Erscheinung getreten ist.
Offenbar existieren, wenn dieser Effekt auftritt, korrespondierende Symboliken und Deutungsinhalte.
Was einen ja in gewisser Weise schon beinahe wieder an Jung's umstrittenes kollektives Unterbewusstsein glauben lassen könnte bzw. - etwas nuanciert - auf einen phylogenetischen Bestandteil im individuell ontologischen Unbewussten hindeutet.

(***)

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