Freitag, 19. August 2022
Studie: Die Kunst der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts - beides.
Da ich gerade Fritz Langs METROPOLIS (1927) sehe: eigentlich ist es schade, dass die Kunst und der besondere Ausdruck der neunzehnhundertzwanziger Jahre in Deutschland so abrupt vom Nationalsozialismus beendet wurden: filmisch, literarisch, gesellschaftlich ... extrem interessante Bildsprache.
ANDERERSEITS kann man aber auch sagen, dass der künstlerische Ausdruck, sogar der Ausdruck allgemein, während der Weimarer Republik, exakt DAS herausgefordert hat, was er am Ende dann schließlich auch bekommt. Feststellbar sind, vor allem, gewisse Zuspitzungen, eine Art nahezu verzweifelter Hysterie des Amüsements, stets in Verbindung mit dunkler, zerrissener, und in der Bildsprache schräg verlaufender Bedrohung. Dunkelheit Ahead! Tanz auf dem Vulkan!
Bewusst ignorante, aufgesetzte Ausgelassenheit, die den lichtlosen, erschröcklichen Untergrund bannen soll, ihn dadurch jedoch nur stärkt.
Eine große Zerrissenheit ist da zu spüren.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob man diese Zeit wirklich als Zeit des Aufbruchs, oder der ausbrechenden Lebenslust deuten kann (wie das ja im Allgemeinen so Usus ist). Es scheint sich mir da eher um die künstlerische und gesellschaftliche ILLUSION eines Auf- und Ausbruchs zu handeln.
Ein Fake, wenn man so will.
Natürlich kann man jetzt sagen, dass diese Sichtweise, diese Spur, eine Rückinterpretation ausgehend von dem Wissen um die weitere Entwicklung der deutschen Geschichte darstellt.
Leider werden wir nie herausfinden, was aus diesem interessanten künstlerischen und gesellschaftlichen Ausdruck geworden wäre, wenn er denn weiter sich hätte entwickeln dürfen.
Im Grunde ist das die Frage nach einer - wie auch immer begründeten - Folgerichtigkeit der Geschichte. Konstante Entwicklung oder eine Abfolge von Brüchen?
Und wie immer wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen: beides.

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Donnerstag, 18. August 2022
RM/OS.
Das OroborousSystem/OS ist - zumindest BV, von TD will ich noch gar nicht sprechen - ziemlich tricky im Denken. Und zwar wegen der doppelten Bezugsmöglichkeit auf das TARO/T, die rein im TARO/T selbst liegt, aber immer wieder Einfluss auf das Gesamtsystem gewinnt.
Das ist hartes Training, und wird schwieriger je nach Höhe der Ebene.

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Samstag, 13. August 2022
A Road Of Classic Worlds.
Raymond Feist - Midkemia.

Vorneweg die ersten 4 Bände, Midkemia 1 bis 4, und unter diesen nochmals Band 1 - THE RIFTWAR SAGA 1: MAGICIAN APPRENTICE, 1982, deutsch: erstmalig 1984 unter dem Titel PUG UND TOMAS in der legendären Goldmann-Fantasy-Reihe.
Und obwohl ich seinerzeit extrem viel aus dieser Reihe gelesen habe - Springer, Stallman, Chalker, Ford, Kahn, Hohlbein/Winkler, ist mir der Feist damals kolossal durch die Lappen gegangen. Den hab ich dann erst in der zweiten Ausgabe unter dem Titel DER LEHRLING DES MAGIERS gelesen, ganz zu Anfang der 2000er.
Midkemia's Geheimnis liegt im präzisen, exakt auf das Notwendige berechneten Zuschnitt, aus dem Feist seine Welt gebiert, die einfache, aber höchst wirkungsvolle Art und Weise, auf welcher er dem Leser die weitestgehende Freiheit der eigenen Phantasie gestattet. Und das gilt für sämtlich denkbaren Perspektiven, für Orte, Gebäude, Natur, Wald, Menschen, Elben, Zauberer, verliebte Jungs, Hausdrachen, Klippen und Meere - diese Welt, und das ist das Sensationelle an Midkemia, erwächst in Echtzeit des Lesevorgangs, Burgen, Bergfriede im fahnengekrönten Trotz, graue Steinmauern und bröckliger Mörtel wachsen empor aus einer präzisen, knapp umrissenen Grundlage, die von Feist beständig, ohne den geringsten Abfall, permanent in göttlicher Gleichmäßigkeit belegt wird. Es ist eine Welt, deren ENTSTEHUNG man - was nur sehr selten vorkommt - während des Lesens betrachten (und fühlen) kann, in Bildern, Farben, Konsistenzen, Burgmauern wachsen in dem Moment in die Höhe, in dem man sie zum ersten Mal sieht, das bunte Treiben der Bevölkerung, das anschwillende Staunen wird geboren just während man gerade im Burghof anlangt, wo sich alle getroffen haben, um die Ankunft der ElbenKönigin zu bestaunen, oder - am Abend, wenn man mit den jungen Pug und Tomas den Festmahl's-Saal betritt.
Und das in jeder einzelnen Szene, in jedem Augenblick der Zeit. Das erzeugt eine Dichte der Weltenschöpfung, die unglaublich ist.

Die große Frage diesbezüglich: wie setze ich an?

Oder (frei nach Goethe): sag an, wie hälst du's mit der Phantasie der Leser?

Geblieben ist vor allem auch Band 4 - DUNKEL ÜBER SETHANON, mit der Schilderung einer gigantischen Belagerungsschlacht, die - ja, wie sagt man das? - EXORBITANT ist.
Feist ist hier unter anderem Vorreiter für Martin und Erikson (dessen gesamter Zyklus vom SPIEL DER GÖTTER exorbitant genannt werden muss), und das obwohl er aus einer hundertprozentigen, ganz klassischen Position der HIGH FANTASY kommt.
Überhaupt ist - wie in vielen, guten Fantasyromanen - die Eingangswelt nahezu überklassisch. Ein Fantasyidyll. Hier, bei Feist aber, erwächst die Bedrohung des Idylls nicht aus sich selbst heraus, sondern sie kommt von außen. Durch Risse und Spalten, die unvermittelt in eine andere Welt führen. Eine fremde Welt, eine kriegerische Welt.
Hier ist es nicht DAS BÖSE, das erwächst, es ist, zunächst einmal nur, DAS FREMDE.

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Freitag, 5. August 2022
Vampirismus
- oder die Sehnsucht nach Unsterblichkeit.



Norbert Borrmann, 1999.

Äääh, ja. Ein fehlgeleitetes Buch, würde ich sagen. Ein Buch, das nur eine einzige Funktion erfüllen kann: einen breiten Überblick liefern über sämtliche Assoziationswege, die man so beschreiten kann bei dem Thema. Gleichgültig, ob sie sinnvoll sind, oder nicht. Nichts ist in die Tiefe gedacht, nichts ist zusammenhängend, und manches ist schlicht und einfach - faktisch falsch.
Wenn einer schon die Verbindung zwischen Vampirismus und Satansimus zieht, die eh schon in sich recht brüchig ist, und dabei dann den "größten Satanisten" Aleister Crowley exemplifiziert, dann kann man das - im Gnadenfall - immer noch als das übliche Crowleybashing verstehen, und akzeptieren. Wenn es sein muss. Aber wenn dann die Untaten des "größten Satanisten" hochgespitzt werden zu bluttriefenden Schlachtungen, und zuletzt auch noch ein Zitat des "größten Satanisten" präsentiert wird, das angeblich aus der Satanischen Bilbel stammt, die er angeblich verfasst haben soll, dann - ist das geradezu kriminell.
Die Satanische Bibel erschien in den sechziger Jahren und stammt von Anton Szandor LaVey, dem Gründer der Church Of Satan. Es handelt sich um das Grundlagenwerk dieser in den USA als Kirche anerkannten Vereinigung.
Da war der gute Aleister schon ne ganze Weile tot.
Da fragt man sich doch: wieso schreibt der da sowas faktisch Falsches in sein Buch? Entweder er hat im falschen Lexikon nachgeschlagen, oder er hat sich überhaupt nicht um irgendwelche Informationen bemüht. So oder so: der Mann hat keine Ahnung, nicht die geringste.
Nächste Frage.
Dem Verlag scheint es ja wohl auch scheißegel zu sein, was seine Autoren so zusammenschreiben, oder?
Dritte Frage: wie soll der Leser jetzt wissen, ob im Rest des Buches nicht auch einfach nur Bockmist steht, was die Faktizität angeht?
Und ich persönlich stehe jetzt vor der schwierigen Entscheidung, ob ich denn weiterlese (wegen der sehr breiten Assoziationsfläche) oder das Ding in die Ecke werfe.

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