Sonntag, 7. Dezember 2025
Einstieg: Baphomet-Sukkubus. (Erzählung - Klassische Phantastik, Gothic, Décadence).
laghbas, 00:03h
Ankunft.
Nun, hier war ich also.
Ich stieg aus der Kutsche, die mich vom nahe gelegenen Dorf herauf nach Harford Manor gebracht hatte.
Kaum, dass ich mit den Füßen den Boden berührt und mein Gepäck abgeladen hatte, vernahm ich hinter mir das gellende Schnalzen eines Peitschenhiebs, begleitet von der herrisch-knappen Aufforderung einer alten, versoffenen Stimme, welche die Pferde zum unverzüglichen Aufbruch trieb. Die Kutsche wendete im großen Kreis, flog unangemessen schnell über den hellen, staubigen Kiesbelag zurück in Richtung Haupttor des Anwesens, verschwand zwischen den dickstämmigen Bäumen des herbstlichen Parks, ließ mich - alleine zurück.
Das passte zu den Reaktionen, die ich bereits bei meiner Ankunft im Dorf hatte erleben können: meinem Ansinnen, dem Herrn von Harford Manor meine Aufwartung machen zu wollen, waren misstrauische, ja ängstliche Blicke gefolgt, ja, gar hatte ich zu fürchten gehabt, den Rest des Weges, mein Gepäck im Schweiße meines Angesichts selbst tragend, zu Fuß zurückzulegen, falls niemand in meine Beförderung einzuwilligen bereit gewesen wäre. Nach wie vor war ich verwundert über dieses Verhalten, schob es aber auf die Verschrobenheit der ländlich-provinziellen Bevölkerung, die ja, wie jeder weiß, oftmals den unverständlichsten Impulsen nachgibt - und sich nichts dabei denkt.
Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich um.
In meiner Rocktasche trug ich die Nachricht, die mein früherer Studienkamerad Allan Harford mir vor einigen Wochen hatte zukommen lassen und welche der Grund für mein Hiersein war. Leider bin ich damals nicht in der Lage gewesen, unmittelbar auf das Schreiben zu reagieren. Unaufschiebbare Verpflichtungen in Zusammenhang mit meiner Professur in Olford, wo selbst ich das „Institut der Strengen Komparistik“ leitete, zwangen mich seinerzeit, den offenbar dringend notwendigen Besuch doch noch um ein paar lange Wochen aufzuschieben. Und doch waren meine Gedanken bereits geraume Zeit vor dem endlich erfolgten Aufbruch auf seltsame, und wie ich Ihnen versichern kann, in einer für mich ganz und gar untypischen Art und Weise mit Allan Harford und dem Inhalt seiner ominösen Nachricht beschäftigt geblieben. Tatsächlich war es mir sogar schwer gefallen, mich auf die Jahresabschlussprüfungen zu konzentrieren, die an meinem Institut abgehalten werden mussten.
Das Schreiben!
Hastig fuhr ich mit der rechten Hand an die Tasche meines Rocks, tastete fahrig nach dem gefalteten Stück Pergament, das sich darin befinden sollte, und erschrak, als ich es nicht sofort finden konnte. Dann stellte ich fest, dass ich es bereits in der linken Hand hielt. Ich musste es wohl unbewusst aus der Tasche gezogen haben. Über mich selbst lächelnd, entfaltete ich, wohl zum hundertsten Male, den Brief und überflog die an mich gerichteten Worte. Überspannt klangen sie, die Formulierungen strotzten vor, sagen wir, irritierenden Ausdrücken, deren Bedeutung zu verstehen selbst mir, der ich den Umgang mit Fachausdrücken durchaus gewohnt war, Schwierigkeiten bereitete. Harford sprach von spiritistischen Themen. Und zwar auf eine durch und durch beängstigende, intensive Weise, deutlich so, als spräche er von Dingen, an deren Realität es tatsächlich nicht den geringsten Zweifel geben konnte. Nun, ich war der angesehene Professor einer der ehrenwertesten Akademien des Landes, und mein Fach, dem ich voll idealistischer Überzeugung anhing, basierte auf naturwissenschaftlicher Basis: Physik, Chemie, Biologie, auch Astronomie, das waren die Gebiete, die ich mittels strenger Komparistik erforschte, aus tiefster Überzeugung und mit ganzem Herzen.
Ganz offensichtlich einer der Gründe, die dafür verantwortlich waren, dass ich nun hier stand.
"Da du ja, wie ich weiß, ein Mann des Rationalen bist, ein kritischer, skeptischer Geist und selbstreflektierend abwägender Beobachter, ..."
So, oder so ähnlich, lauteten seine oft in Nebensätzen vergrabenen Anspielungen auf meinen philosophischen Standpunkt, und damit, wie mir schien, den Gegensatz zwischen rationalem, gesundem Menschenverstand - den er offensichtlich mir zusprach - und den unverkennbar fragwürdigen Ereignissen, die er in seinem Brief schilderte, und die ihn, wie er selbst es formulierte, „bis an die Grenzen seiner nervlichen Belastbarkeit“ geführt hatten.
Das alles hat, wie Sie jetzt sicher verstehen werden, meine Neugier geweckt und so war ich aufgebrochen, um Allan Harford, jenem ausgelassenen, lebenstrunkenen Kommilitonen, an den ich mich, trotz der vielen Jahre, in denen wir nichts voneinander gehört hatten, noch eindrücklich erinnern konnte, erneut persönlich zu begegnen.
Allan Harford.
(...)
Nun, hier war ich also.
Ich stieg aus der Kutsche, die mich vom nahe gelegenen Dorf herauf nach Harford Manor gebracht hatte.
Kaum, dass ich mit den Füßen den Boden berührt und mein Gepäck abgeladen hatte, vernahm ich hinter mir das gellende Schnalzen eines Peitschenhiebs, begleitet von der herrisch-knappen Aufforderung einer alten, versoffenen Stimme, welche die Pferde zum unverzüglichen Aufbruch trieb. Die Kutsche wendete im großen Kreis, flog unangemessen schnell über den hellen, staubigen Kiesbelag zurück in Richtung Haupttor des Anwesens, verschwand zwischen den dickstämmigen Bäumen des herbstlichen Parks, ließ mich - alleine zurück.
Das passte zu den Reaktionen, die ich bereits bei meiner Ankunft im Dorf hatte erleben können: meinem Ansinnen, dem Herrn von Harford Manor meine Aufwartung machen zu wollen, waren misstrauische, ja ängstliche Blicke gefolgt, ja, gar hatte ich zu fürchten gehabt, den Rest des Weges, mein Gepäck im Schweiße meines Angesichts selbst tragend, zu Fuß zurückzulegen, falls niemand in meine Beförderung einzuwilligen bereit gewesen wäre. Nach wie vor war ich verwundert über dieses Verhalten, schob es aber auf die Verschrobenheit der ländlich-provinziellen Bevölkerung, die ja, wie jeder weiß, oftmals den unverständlichsten Impulsen nachgibt - und sich nichts dabei denkt.
Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich um.
In meiner Rocktasche trug ich die Nachricht, die mein früherer Studienkamerad Allan Harford mir vor einigen Wochen hatte zukommen lassen und welche der Grund für mein Hiersein war. Leider bin ich damals nicht in der Lage gewesen, unmittelbar auf das Schreiben zu reagieren. Unaufschiebbare Verpflichtungen in Zusammenhang mit meiner Professur in Olford, wo selbst ich das „Institut der Strengen Komparistik“ leitete, zwangen mich seinerzeit, den offenbar dringend notwendigen Besuch doch noch um ein paar lange Wochen aufzuschieben. Und doch waren meine Gedanken bereits geraume Zeit vor dem endlich erfolgten Aufbruch auf seltsame, und wie ich Ihnen versichern kann, in einer für mich ganz und gar untypischen Art und Weise mit Allan Harford und dem Inhalt seiner ominösen Nachricht beschäftigt geblieben. Tatsächlich war es mir sogar schwer gefallen, mich auf die Jahresabschlussprüfungen zu konzentrieren, die an meinem Institut abgehalten werden mussten.
Das Schreiben!
Hastig fuhr ich mit der rechten Hand an die Tasche meines Rocks, tastete fahrig nach dem gefalteten Stück Pergament, das sich darin befinden sollte, und erschrak, als ich es nicht sofort finden konnte. Dann stellte ich fest, dass ich es bereits in der linken Hand hielt. Ich musste es wohl unbewusst aus der Tasche gezogen haben. Über mich selbst lächelnd, entfaltete ich, wohl zum hundertsten Male, den Brief und überflog die an mich gerichteten Worte. Überspannt klangen sie, die Formulierungen strotzten vor, sagen wir, irritierenden Ausdrücken, deren Bedeutung zu verstehen selbst mir, der ich den Umgang mit Fachausdrücken durchaus gewohnt war, Schwierigkeiten bereitete. Harford sprach von spiritistischen Themen. Und zwar auf eine durch und durch beängstigende, intensive Weise, deutlich so, als spräche er von Dingen, an deren Realität es tatsächlich nicht den geringsten Zweifel geben konnte. Nun, ich war der angesehene Professor einer der ehrenwertesten Akademien des Landes, und mein Fach, dem ich voll idealistischer Überzeugung anhing, basierte auf naturwissenschaftlicher Basis: Physik, Chemie, Biologie, auch Astronomie, das waren die Gebiete, die ich mittels strenger Komparistik erforschte, aus tiefster Überzeugung und mit ganzem Herzen.
Ganz offensichtlich einer der Gründe, die dafür verantwortlich waren, dass ich nun hier stand.
"Da du ja, wie ich weiß, ein Mann des Rationalen bist, ein kritischer, skeptischer Geist und selbstreflektierend abwägender Beobachter, ..."
So, oder so ähnlich, lauteten seine oft in Nebensätzen vergrabenen Anspielungen auf meinen philosophischen Standpunkt, und damit, wie mir schien, den Gegensatz zwischen rationalem, gesundem Menschenverstand - den er offensichtlich mir zusprach - und den unverkennbar fragwürdigen Ereignissen, die er in seinem Brief schilderte, und die ihn, wie er selbst es formulierte, „bis an die Grenzen seiner nervlichen Belastbarkeit“ geführt hatten.
Das alles hat, wie Sie jetzt sicher verstehen werden, meine Neugier geweckt und so war ich aufgebrochen, um Allan Harford, jenem ausgelassenen, lebenstrunkenen Kommilitonen, an den ich mich, trotz der vielen Jahre, in denen wir nichts voneinander gehört hatten, noch eindrücklich erinnern konnte, erneut persönlich zu begegnen.
Allan Harford.
(...)